Studie: Frauen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt

Frauen mit Schwerbehinderung sind auf dem Arbeitsmarkt von doppelter Diskriminierung betroffen: als Frauen wie auch als Mensch mit Behinderung. Sie bilden das Schlusslicht bei Lohn sowie Vollzeit- und Führungspositionen und sind durch Haushalts- und Familienaufgaben besonders belastet. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie, die das SINUS-Institut für Aktion Mensch durchgeführt hat.

Studie: Frauen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt
Foto von Marcus Aurelius von Pexels

Die Studie arbeitet erstmals einen systematischen Vergleich von Frauen mit und ohne Schwerbehinderung im Verhältnis zu Männern mit und ohne Schwerbehinderung auf. Somit werden genderbezogene Unterschiede mit Unterschieden zwischen Menschen mit und ohne Behinderung hinsichtlich ihres Erwerbslebens miteinander verschränkt. Dabei kam ein Mixed-Methods-Studiendesign zum Einsatz.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:

Großes Lohngefälle und deutliche Unterschiede in den Karrierewegen zwischen Frauen und Männern mit Behinderung

Frauen mit Schwerbehinderung erzielen häufig die niedrigsten Einkommen im Gruppenvergleich (Männer vs. Frauen, mit vs. ohne Schwerbehinderung). Im Durchschnitt verdienen weibliche Erwerbstätige mit Behinderung 667 Euro netto weniger pro Monat als ihre männlichen Pendants.

Vom beruflichen Aufstieg scheinen Frauen mit Schwerbehinderung häufiger als Männer mit Schwerbehinderung ausgeschlossen (vergleichbar dem Verhältnis bei Männern und Frauen ohne Behinderung).

Generell nehmen Menschen mit Schwerbehinderung deutlich seltener am Erwerbsleben teil als Menschen ohne Schwerbehinderung, und Frauen mit Schwerbehinderung sind noch einmal weniger gut in den Arbeitsmarkt integriert.

Teilzeittätigkeiten und Care-Arbeit laut Studie oft Frauensache – mit oder ohne Behinderung

Teilzeitarbeit ist ein Frauenthema und weniger ein mit der Schwerbehinderung verknüpftes: Männer mit Schwerbehinderung sind öfter vollzeitbeschäftigt als Frauen ohne Schwerbehinderung.

Wenn Frauen mit Schwerbehinderung in Partnerschaften leben, fühlen sie sich stärker durch Haushaltsaufgaben und Care-Arbeit belastet als Männer mit Schwerbehinderung.

Berufliche Zukunft wird von Menschen mit Behinderung pessimistischer gesehen als von Menschen ohne Behinderung – insbesondere von Frauen

Menschen mit Schwerbehinderung äußern sich auch besorgter um ihre berufliche Zukunft als Menschen ohne Schwerbehinderung. Allerdings fürchten Frauen mit Schwerbehinderung eher als Männer mit Schwerbehinderung ganz konkret, dass der/die Arbeitgeber*in ihre Behinderung als Beeinträchtigung ihrer Leistungsfähigkeit sieht, obwohl sie selbst der Meinung sind, dass sie genauso gute Arbeit erbringen, wie Menschen ohne Behinderung, wenn auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird. Frauen mit Schwerbehinderung sind aber genauso stark motiviert, (mehr) zu arbeiten und voranzukommen wie Menschen ohne Schwerbehinderung.

Menschen mit Schwerbehinderung nehmen Digitalisierung und technische Entwicklungen als Chance für künftige Berufswege wahr (z.B. Flexibilisierung von Arbeitszeiten), sehen aber genauso Risiken darin (z.B. zunehmend höhere Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt).

Menschen mit Behinderungen stehen beim Bewerbungsprozess vor speziellen Herausforderungen

Bei der Wahl eines/einer Arbeitgebers/Arbeitgeberin spielen bei Menschen mit Schwerbehinderung andere Kriterien eine Rolle als bei Menschen ohne Schwerbehinderung: Menschen mit Schwerbehinderung achten stärker auf flexible Arbeitsmodelle, auf Teilzeit (insbesondere Frauen) und auf die Unternehmenskultur.

Viele Frauen mit Schwerbehinderung neigen aufgrund von Negativerfahrungen dazu, ihre Schwerbehinderung beim/bei der Arbeitgeber*in zu verschweigen.

Forschungsdesign: Mixed-Methods (Desk Research, Sekundäranalysen, Repräsentativbefragung und Tiefeninterviews)

In der Studie wurde ein vierstufiges Forschungsdesign angewandt:

  • Desk Research: Sichtung bestehender empirischer Forschungsarbeiten und anschließende Hypothesenbildung
  • Sekundäranalyse von Mikrodaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)
  • Bundesweite Repräsentativbefragung, bestehend aus ca. 1.000 Online-Interviews und ca. 1.000 persönlichen Interviews
  • Elf telefonische Tiefeninterviews mit erwerbstätigen Frauen mit Schwerbehinderung

Die ausführlichen Studienergebnisse stehen auf der Webseite von Aktion Mensch kostenlos zur Verfügung.

Studie: Frauen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt
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