Studie zu Migranten: Fast alle Deutschen fordern bessere Integration
Migration ist so alt wie die Menschheit selbst - im Wahljahr 2017 ist das Thema angesichts der aktuellen Flüchtlingssituation in Europa dennoch ein Dauerbrenner. Am 18. Dezember ist der Internationale Tag der Migranten. Aus diesem Anlass haben das SINUS-Institut und YouGov in einer repräsentativen Studie gefragt: Wie stehen die Deutschen Migranten im Allgemeinen und Flüchtlingen im Speziellen gegenüber? Wie hilfsbereit sind sie gegen-über Flüchtlingen? Und wie würde es den Deutschen ergehen, wenn sie selbst flüchten müssten?
Gespaltene Ansichten hinsichtlich Zuwanderern
Fast alle Deutschen sehen den Integrationsprozess kritisch: 88% sind der Ansicht, dass sich Zuwanderer besser integrieren sollten. Selbst unter Personen mit Migrationshintergrund sind dies nur etwas weniger (84%). Zudem meinen 55% aller Be-fragten, die große Zahl fremder Menschen in Deutschland mache ihnen Angst. Während fast alle Wähler der Alternative für Deutschland (AfD) dieser Aussage zustimmen, sieht das nur jeder vierte Grünen-Wähler so (91% vs. 25%).
Gleichzeitig empfindet die Hälfte (47%) Zuwanderer als Bereicherung für Deutschland. Befragte, die selbst Personen mit Migrationshintergrund in ihrem Umfeld haben, stimmen dieser Aussage sogar zu knapp 60% zu.
Multikulturelles Deutschland
Trotz der Uneinigkeit beim Thema Zuwanderung zeigen sich die Deutschen mehrheitlich offen für andere Kulturen. Acht von zehn Befragten (80%) lernen im Urlaub gerne fremde Länder und Kulturen kennen, fast ebenso viele (78%) essen gerne Speisen aus aller Welt. 56% würden sogar gerne eine Zeit lang im Ausland leben. Am stärksten hegen Befragte mit Migrationshintergrund (76%) und Personen zwischen 18 und 24 Jahren (71%) diesen Wunsch, während es Bildungsferne (45%) weniger stark ins Ausland zieht. Weiterhin haben 58% der Befragten im Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis oder in der Nachbarschaft Personen aus anderen EU-Ländern, 53% aus Nicht-EU-Ländern.
„Die Ergebnisse zeigen das zwiespältige Empfinden vieler Menschen gegenüber fremden Kulturen sehr deutlich auf“, so Berthold Bodo Flaig, Geschäftsführer des SINUS-Instituts. „Dort, wo man selbst im Kontakt mit Menschen und Kulturen seinen Horizont erweitern kann, präsentieren sich die Deutschen als sehr aufgeschlossen. Sobald sie jedoch das Gefühl haben, keine Kontrolle mehr zu haben, machen sich Ängste breit.“
Bei der Vorstellung, selbst von Flucht betroffen zu sein, wäre für den Großteil (54%) die Trennung von der Familie am schwersten und für 17% die Trennung von der vertrauten Umgebung. Nur 14% fänden das Erlernen einer neuen Sprache am schwierigsten und 6% das Einfinden in eine neue Kultur.
Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge hoch - so lange man selbst nichts tun muss
Zwei Drittel der Befragten (69%) sind der Ansicht, dass Deutschland Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen, helfen muss. Ebenso stark setzt man auf Hilfe vor Ort: 69% sind der Ansicht, dass sich Deutschland stärker in Herkunftsländern von Einwanderern engagieren sollte, um den Anreiz zur Migration nach Europa zu reduzieren.
Geht es allerdings um die eigene Hilfsbereitschaft, sind die Befragten deutlich zurückhaltender: Ein Drittel (32%) ist bereit, Flüchtlingen mit Spenden zu helfen. 31% geben an, sich ehrenamtlich engagieren zu wollen bzw. haben dies bereits getan – bei Personen unter 24 Jahren sind es sogar 45%.
Die Studie zeigt aber auch: Die Hilfsbereitschaft variiert stark zwischen verschiede-nen gesellschaftlichen Gruppen. So ist das Expeditive Milieu, also die kosmopolitische Lifestyle-Avantgarde unserer Gesellschaft, überdurchschnittlich bereit, mit Spenden oder ehrenamtlicher Mitarbeit zu helfen (43% bzw. 47%). Knapp dahinter folgt das gesellschaftskritische und solidarisch-orientierte Milieu der Sozialökologischen (45% bzw. 41%). Die geringste Bereitschaft haben die Prekären, die selbst in schwierigen Verhältnissen leben und sich benachteiligt fühlen (jeweils 12%). Mehr Informationen zu diesen Gruppen finden sich auf der Homepage des SINUS-Instituts.
Übrigens: Unsere österreichischen Nachbarn beschäftigen sich noch intensiver mit dem Thema Migration und Flucht. Das hat unser Kooperationspartner INTEGRAL herausgefunden. So finden mit 76% deutlich mehr Österreicher als Deutsche (69%), dass Menschen auf der Flucht geholfen werden muss. Auch das stärkere Engagement in den Herkunftsländern fordern Österreicher mit 80% wesentlich häufiger als die Deutschen (69%). Weiterhin fällt die Bereitschaft, mit Spenden zu helfen, in Österreich mit 37% etwas höher aus als hierzulande (32%). Allerdings sind die Menschen dort bei ehrenamtlicher Hilfsbereitschaft mit 27% (im Vergleich zu 31%) et-was zurückhaltender.
Methodischer Hinweis
Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.028 Personen zwischen dem 22. und 29. November 2017 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
Über SINUS
SINUS Markt- und Sozialforschung ist ein Full-Service-Institut mit Büros in Heidelberg und Berlin.
Seit 40 Jahren ist SINUS Spezialist für sozialwissenschaftliche Forschung und strategische Marketing- und Kommunikationsberatung. SINUS entwickelt Zielgruppen-Strategien für Unternehmen und Institutionen, die den soziokulturellen Wandel als Erfolgsfaktor nutzen wollen.
Ein zentrales Tool dafür sind die Sinus-Milieus® - ein Gesellschafts- und Zielgruppenmodell, das Menschen nach ihren Lebenswelten gruppiert. Die Sinus-Milieus® zählen seit Jahrzehnten zu den bekanntesten und einflussreichsten Segmentationsansätzen und sind mittlerweile für über 40 Länder verfügbar.
SINUS kooperiert eng mit dem Schwesterunternehmen INTEGRAL Marktforschung in Wien, Österreich.
Weitere Informationen über SINUS unter www.sinus-institut.de und auf Facebook.
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