Alltagsästhetik und politische Kultur
In diesem SINUS-Klassiker aus dem Jahr 1993 argumentieren die Autoren, dass nicht mehr sozioökonomische Kriterien ausschlaggebend für gesellschaftliche Segmentierungen und die Lebens- und Kommunikationsprozesse von Menschen sind, sondern vielmehr Fragen des individuellen Lebensstils. In Anschluss an Bourdieu sei „Alltagsästhetik“ zum bestimmenden Faktor sozialer Differenzierungs- und Orientierungsprozesse geworden. Mit Hilfe der Sinus-Milieus wird dieses Theorem empirisch überprüfbar gemacht. Aus dieser Entwicklung folgt die beobachtbare soziale Zersplitterung, die vor allem die Existenz von politischen Großparteien gefährdet. Verbunden mit dieser Fragmentierung ist die zunehmende Abkehr von rationaler und die Hinwendung zu emotionaler politischer Kultur. Dies bedeutet die Zurückdrängung diskursiver Formen der Auseinandersetzung zugunsten bloßer Abbildung der Realität in „symbolischer Politik“, der das Medium Fernsehen zusätzlichen Auftrieb verleiht. Über Politik wird nicht mehr diskutiert, Politik wird inszeniert. Genau hier liegt die große Gefahr der „Ästhetisierung“ von Politik und Gesellschaft: Zwischen den einzelnen sozialen Milieus zerreißen zunehmend die Kommunikationskanäle.